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Axel Jungk: "Mein Ziel ist eine Medaille in Peking."

Aktualisiert: 29. Mai 2021

Unser heutiger Interviewgast ist gerne auf dem Eis unterwegs. Kopfüber. Auf dem Bauch. Mit bis zu 140 km/h. Klingt verrückt? Ist es auch. Das Ganze nennt sich Skeleton und findet leider nicht die Beachtung, die dieser hochspektakuläre Sport verdient. Wie man das ändern könnte, warum seine erste Fahrt durch den Eiskanal nicht besonders positiv verlief und wie es ein ehemaliger japanischer Skispringer in dieses Interview schaffte, lest ihr in den folgenden Zeilen:



Hallo Axel. Wie oft wurde dir schon die Frage gestellt, ob du irre bist?


Unzählige Male. Eigentlich ist das die erste Reaktion von allen Leuten, die den Sport kennen.

Axel Jungk Skeleton Sigulda
Kopfüber ins Glück.


Du wurdest 1991 geboren, kamst aber erst 2008 zum Skeleton. Zuvor warst du als Skispringer aktiv. Warum dieser Wechsel?


Das war zu 100% Zufall und keine bewusste Entscheidung. Bob- und Skeletonsport sind eh Quereinsteigersportarten und nichts, wofür man sich als Kind bewusst entscheidet. Mittlerweile ist es so, dass auch jüngere Sportler den Sport ausüben können, aber zu meiner Zeit war das noch gar nicht möglich. Die Schlitten sind sehr schwer und du brauchst ein gewisses Eigengewicht, um den Schlitten überhaupt lenken zu können. In meinem Fall war es so, dass der Sport in Altenberg auf meiner Heimbahn, eigentlich tot war. Es gab noch eine einzige Sportlerin, die den Sport betrieb. Es wurde dann ein ehemaliger Bobanschieber als neuer Trainer eingestellt und er sollte eine neue Trainingsgruppe aus dem Boden stampfen. Er klapperte dann die Sportstützpunkte in Sachsen ab und suchte nach Sportlern aus anderen Sportarten, die seiner Meinung nach Potential haben. Er nahm dann Kontakt zu meinem Skisprungtrainer auf und der dachte dann an mich. Das war auch darin begründet, dass es für mich im Skispringen nicht mehr besonders gut lief. In meiner jugendlichen Unbekümmertheit, hatte ich mir keine Gedanken gemacht, wie es weitergeht, falls es mit dem Skispringen nichts wird. Und zu diesem Zeitpunkt, sah es sehr danach aus. Ich habe mich dann sehr darüber gefreut, dass mir eine Alternative geboten wird, die mir auch ermöglicht, mein Abitur zu beenden. Ich absolvierte also den Einstellungstest und man wollte mich haben. Der ausschlaggebende Punkt war das Abitur, also entschied ich mich, es für diese mindestens 4 Jahre zu probieren.


Das lief dann ähnlich wie auf einem Sportinternat, oder wie muss man sich das vorstellen?


Genau. Als Skispringer war ich auf einem Sportinternat in Oberwiesenthal und stand ein paar Monate vor meinem Abschluss. In Altenberg besuchte ich dann ein Sportgymnasium.


Und wie begann es bei dir mit dem Skispringen?



Axel Jungk Jubel Siegerfaust Schumifaust Freude
Freude steht ihm gut: Axel Jungk

Das fing tatsächlich schon sehr früh an. Ich bin in Zschopau groß geworden und dort gibt es eine Skisprunganlage. Die Trainer gehen in die Schulen und bieten den kleinen Knirpsen an, in den Sport zu schnuppern. Ich habe 3 große Brüder und einer von ihnen hat dadurch mit dem Skispringen angefangen, später kam ein zweiter hinzu. Ich war zu dem Zeitpunkt 1 Jahr alt und war regelmäßig mit an der Schanze, da mich meine Mutter immer mitnahm. Mit 2 Jahren habe ich dann das erste Mal auf Skiern gestanden. Kurz vor meinem 4. Geburtstag bin ich dann das erste Mal gesprungen, von einer 8 Meter Schanze. Es war eine sehr schöne Zeit, da wir alle 3 zusammen den Sport betrieben.


Bist du dann 2008 direkt vom Skispringen zum Skeleton gewechselt, oder gab es eine Pause dazwischen?


Nein, das war ein fließender Übergang. Ich kam 2004 aufs Sportinternat nach Oberwiesenthal um Skispringen professionell zu betreiben und bin dann 2008 zum Skeleton gewechselt.

Axel Jungk Portrait
Könnte auch als Model arbeiten: Axel Jungk


Hattest du im Skispringen Idole und Vorbilder? Das war ja die Zeit, wo Martin Schmitt und Sven Hannawald ganz gut dabei waren.


Skispringen war eine absolute Familienleidenschaft. Ich war ein riesen Fan von Kazuyoshi Funaki und seinem sehr speziellen Sprungstil. Das war etwas extrem cooles und er war mein Vorbild.


Welche Gefühle hattest du nach deinem ersten Skeletonlauf?


Definitiv schlechte und negative. Ich war mir sicher, dass ich das nicht nochmal machen möchte. Ich hatte keinerlei Ausrüstung, lag auf einem Schlitten, der nicht besonders gut war, hatte einen Helm auf, der viel zu groß war und bekam von meinem Trainer einen alten Sportanzug. Da es ziemlich kalt war, trug ich eine alte Trainingshose mit Plastiknippeln zum Verstellen an den Bündchen drunter. Die Bündchen steckte ich mir in die Socken. Direkt aus der ersten Kurve hinaus, bin ich unkontrolliert ganz langsam direkt gegen die Bande gefahren. Das Plastik zersprang direkt auf meinem Knöchel und der wurde dann sofort blau und schwoll an. Den Rest der Fahrt hatte ich einfach nur Schmerzen. Somit fiel das erste Fazit eher negativ aus.

Axel Jungk Skeleton Winter Wonderland
No words!

Wie kam es dann, dass du trotzdem dabei geblieben bist?


Dadurch, dass ich vom Skispringen kam und auch mein Leben lang schon immer Adrenalinjunkie war, konnte ich mir natürlich persönlich nicht eingestehen, nach einem Lauf aufzugeben. Ich zog die Trainingshose aus und bin in meinem zweiten Lauf relativ schmerzfrei heruntergekommen. Die Geschwindigkeit im unteren Bereich lag bei ca. 70 km/h. Das ist mit den normalen Geschwindigkeiten nicht zu vergleichen, aber es war schon ganz cool.


Wieso wird der Sport so unter Wert verkauft? An sich ist es ja ein hochspektakulärer und auch spannender Sport. Woran liegt das deiner Meinung nach?


Das ist ganz schwer. Ich glaube, dass Hauptproblem liegt darin, dass es direkt vor Ort nicht besonders zuschauerfreundlich ist. Bei anderen Sportarten siehst du alles was passiert. Im Skeleton stehst du entweder irgendwo an der Bahn, wo alle paar Minuten jemand für zwei Sekunden an dir vorbeiflitzt. Das wird schnell langweilig. Du bekommst einfach viel zu wenig mit. Die Alternative ist, dass du im Start- oder Zielbereich stehst, wo du alles auf einem Bildschirm verfolgen kannst, so wie zu Hause. Es ist halt nicht wie im Fußball, wo du 90 Minuten lang wirklich alles siehst, was passiert. Noch dazu wird es sehr schlecht vermarktet. Was ich in den letzten Jahren gelernt habe: Erfolgreiche Sportarten sind deshalb erfolgreich, weil sie eine große Party aus der Veranstaltung machen. Sei es Skispringen in Willingen, oder das alpine Abfahrtsrennen auf der Streif in Kitzbühel. Da ist ein Wochenende Ausnahmezustand, Party, Besäufnis und der Sport ist eine Begleiterscheinung dessen. Viele fahren dort hin und haben eine geile Zeit. Das Ergebnis ist am Ende zweitrangig. Ob dein Lieblingssportler Vierter oder Dritter wird, ändert an sich nichts. Das merke ich an meinem eigenen Fanclub. Das sind bis zu 150 Leute. Klar freuen die sich, wenn ich gewonnen habe, aber wenn ich Vierter werde, haben die trotzdem eine geile Zeit. Das muss unsere Sportart einfach lernen, dass man das Rahmenprogramm besser gestaltet und eine große Party daraus macht.

Axel Jungk Jubel Fans Ziel
Axel lässt sich feiern.


Aber ist es nicht andersrum auch traurig, wenn die Leute nur aufgrund der Party kommen und nicht wegen dem Sport?


Ja, könnte man so sehen. Wenn sich die Leute mit ihren Freunden und Familien eine schöne Zeit an der Strecke machen, fände ich es aber besser, als die Rennen, die wir teilweise haben. Ich habe schon eine WM in Whistler Mountain erlebt, da waren, wenn es hochkommt, an der gesamten Bahn 50 Leute. Bei jedem C-Jugend-Spiel im Fußball irgendwo auf dem Dorf, sind mehr Zuschauer vor Ort, allein schon durch die Eltern.


Welche Ziele hast du noch in deiner Karriere?


Ganz klar die Olympiamedaille in Peking.


Und die Farbe ist dir egal, oder schielst du schon in Richtung Gold?


Ja natürlich ist mein Ziel die Goldmedaille. Aber wenn mir hier und jetzt jemand sagt, im nächsten Jahr gewinnst du die Bronzemedaille bei Olympia, würde ich dazu nicht nein sagen. Ich denke, wenn alles richtig gut läuft, der Körper mitmacht, ich diesen Sommer gut trainieren kann und an Tag X das Quäntchen Glück vorhanden ist, dann kann ich die Goldmedaille gewinnen. Dazu sehe ich mich auf jeden Fall in der Lage. Es liegt aber nicht zu 100 Prozent in meiner Hand und ich fahre ja auch nicht gegen Amateure. Von daher würde ich mich genauso freuen, wenn ich eine olympische Bronzemedaille mein Eigen nennen darf.

Axel Jungk Ziel Futuristisch Skeleton
Sehr futuristisch: Axel kurz nach dem Zieleinlauf.


Hattest du in deiner Karriere mal so richtig schlimme Stürze mit bösen Verletzungen?


Verletzungen beim Skeleton hatte ich fast gar nicht. Bei meinem allerersten internationalen Rennen hatte ich meinen einzigen Sturz, wo ich nicht mit dem Schlitten ins Ziel kam. Ansonsten gehören Bandenberührungen zum Alltag. Die bringen dir dann blaue Flecken, Prellungen und Abschürfungen ein. Das gehört leider dazu. Die schlimmeren Verletzungen habe ich tatsächlich vom normalen Athletiktraining. Da bin ich sehr geplagt.


Ein Skeletonschlitten hat Rundkufen und lässt sich dadurch schwer lenken. Weißt du, warum das so ist?


Warum das so ist: Keine Ahnung. Es lässt sich weitaus schlechter lenken als ein Rennrodel oder Bobschlitten, aber genau das macht den Reiz aus: Aus dem Material, welches nicht die perfekten Eigenschaften fürs Eis hat, dass Beste herauszuholen. Die Kufe ist aber auch nicht komplett rund. Im hinteren Drittel gibt es eine Fräsung, welche man personalisieren kann. Das ist auch der Teil, den man ins Eis drückt, um den Schlitten zu lenken.

Axel Jungk Schwerkraft Skeleton Eiskanal
Axel trotzt sogar der Schwerkraft.


Die Schlitten sehen teilweise zusammengeschustert aus, man sieht auch immer wieder Panzertape. Dabei sind die Schlitten high tech und genau auf jeden Sportler angepasst.


Ja, definitiv. Vor allem das mit dem Tape ist letztendlich viel persönliche Anpassung. Das könnte man bestimmt viel schöner gestalten, aber man wäre dadurch auch nicht schneller. Unsere Schlittenentwicklung ist für mich auch ein schweres Thema. Das FES (Anm. d. Red.: Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten) tritt seit ein paar Jahren etwas auf der Stelle. Wir versuchen zwar jedes Jahr etwas neues, aber haben in den letzten Jahren einen Stillstand in der Entwicklung. Ich kann nicht sagen, ob es daran liegt, dass wir bereits am Maximum sind. Personalisiert sind die Schlitten aber auf jeden Fall. Es gibt weichere und festere Schlitten, die lassen sich dann leichter oder schwerer lenken, unterscheiden sich aber in der Grundschnelligkeit. Da gibt es schon einige Anpassungsmöglichkeiten. Das FES hat seinen Hauptsitz in Berlin, aber betreibt einen Zweitsitz in Oberhof (Thüringen). Dort werden die ganzen Skeleton- und Rodelschlitten gebaut. Es fehlt aber ein bisschen die Konkurrenz. Nach dem schlechten Abschneiden im Bobsport bei den olympischen Spielen in Sotchi 2014, hat man dort externe Konkurrenz geschaffen. Das hat sich ausgezahlt. Ich denke aber, dass es bei uns schwerer ist, da es nicht sonderlich lukrativ wäre für eine Firma.


Gibt es eine Lieblingsbahn für dich als Sportler?


Früher definitiv Altenberg. Mittlerweile habe ich einige Bahnen, die ich mehr mag als andere, aber die eine Lieblingsbahn gibt es so nicht (mehr). Meine Favoriten sind Königssee, Altenberg und Park City.

Axel Jungk Fokus
Immer das Wesentliche im Blick...


Aus welchen Gründen? Altenberg ist deine Heimbahn, aber woran liegt es bei den anderen? Sind es spezielle Kurven, das ganze drum herum oder woran liegt es?


Am Königssee habe ich meine ersten beiden großen Erfolge gefeiert. Zum einen mein erster Weltcupsieg im letzten Rennen vor Olympia. Das war genial. Im Jahr davor wurde ich aus einer schlechten körperlichen Verfassung heraus, sehr überraschend Vize-Weltmeister. Dadurch habe ich eine starke emotionale Bindung zu der Bahn. Noch dazu ist es am Königssee einfach wunderschön. Es ist so ziemlich die schönste Gegend Deutschlands. In Park City ist es genau das Gleiche. Es ist eine coole Bahn, sie hat eine gute Eisqualität, sie ist schnell, aber trotzdem nicht besonders schwer. Es ist ein bunter Mix. Noch dazu habe ich in Park City bisher immer gute Rennen gehabt. Es gibt dort auch eine geile Trainingsstätte und unsere Unterkünfte dort sind mega cool und sehr hochwertig.


Du hattest Pfeiffersches Drüsenfieber, welches im November 2020 diagnostiziert wurde. Dazu plagen dich heftige Probleme mit der Achillessehne. Wie ist der aktuelle Stand bei dir?


Meine Saison war denkbar schlecht, aufgrund dieser beiden Problematiken. Ich war gezwungen bereits Mitte Januar ungewöhnlich früh meine Saison zu beenden. Anfang Februar fing ich damit an, meinen Körper für die olympische Saison fit zu bekommen und bin gerade mittendrin. Bis Ende März standen 6 Wochen intensive Reha auf dem Programm, aber die Ergebnisse sind ziemlich ernüchternd. Insgesamt habe ich körperlich einen guten Fortschritt gemacht in den letzten Wochen, aber die Problemstelle Achillessehne, hat sich leider gar nicht verbessert. Sobald ich Sprünge oder Sprints trainiere, wird die Achillessehne so sehr gereizt, dass ich Schmerzen bekomme und nicht weiter trainieren kann. Meine gesamte sportliche Karriere steht und fällt mit meiner Achillessehne. Wenn ich die Probleme in den nächsten 4 bis 6 Wochen in den Griff bekomme und danach qualitativ hochwertig und viel trainieren kann, so dass ich in der Lage bin, top Startzeiten hinzulegen, dann sehe ich durchaus die Möglichkeit, wieder der beste der Welt zu werden. Wenn dem nicht so ist, dann steht wahrscheinlich ein Karriereende kurz bevor.

Axel Jungk Start Sprung Skeleton
Sprung ins Ungewisse...


Wie geht es dir denn mental damit? Das ist ja auch eine psychische Belastung.


Es ist sehr, sehr schwer. Ich habe momentan tatsächlich viel zu kämpfen damit. Wenn ich mal ein oder zwei Tage ohne Probleme ins Training gehe, bin ich direkt besser gelaunt und gehe viel motivierter an die Sache. Ich war davor halt auch jemand, der relativ schwerelos durchs Leben gegangen ist. Wenn es dann mal wieder zwickt, löst das mittlerweile schon viel bei mir aus und dann kann es auch vorkommen, dass ich eine Woche lang schlecht gelaunt bin. Das ist eine Grundproblematik, die ich bekämpfen muss. Ich muss lernen, Tage an denen es im Training nicht so gut läuft, positiver zu verarbeiten. Es ist aber sehr schwer.


Da kann man dir nur alles Gute wünschen.


Vielen lieben Dank.

Was man auch noch erwähnen sollte, um es zu verstehen: Die Problematik liegt in meinem Rücken. 2014 oder 2015 hatte ich nach einem Training extreme Rückenschmerzen und konnte mich 2 Tage lang kaum noch bewegen. Danach hat sich herausgestellt, dass ich einen Wirbelbruch hatte, welcher aber schon länger zurück lag. Durch die größere Bewegungsmöglichkeit dieses Wirbels, zieht sich der Nervkanal immer wieder zusammen. Es ist ja ein Strang, welcher sich von Kopf bis Fuß durch den gesamten Körper zieht. An der Stelle wo der Wirbel sitzt, wird der Nerv immer mal wieder abgeklemmt, dadurch resultieren diese Ausfallerscheinungen in die Beine. Es ist also keine lokale Problematik der Achillessehne. Das macht es auch so schwer, es in den Griff zu bekommen.

Axel Jungk Fanclub Skeleton Ziel Eiskanal
Axel vor seinem Fanclub.


Gab es denn einen Auslöser für den Wirbelbruch? Kam es zu einem Sturz oder ähnliches?


Das kann man nur spekulieren und nicht fest sagen. Als die MRT-Aufnahme gemacht und festgestellt wurde, dass der Dornfortsatz komplett abgebrochen ist, war es kein frischer Bruch, sondern bereits komplett ausgeheilt. Daher konnte der Arzt nicht sagen, wie alt der Bruch war. Es kann auch angeboren sein, viele Menschen haben das Problem.


Du bist unter anderem mehrfacher Mannschaftsweltmeister. Welches Gefühl löst das in dir aus, wenn du in Ziel stehst, der letzte Starter durchs Ziel fährt und du realisierst, dass ihr Weltmeister geworden seid?


Traurigerweise ist es so, dass meine beiden Vize-Weltmeistertitel im Einzel und auch jeder Weltcupsieg, eine größere Bedeutung haben. Das ist eine weitere Dummheit unserer Sportart, die ich absolut nicht verstehen kann. Der Teamwettbewerb hatte nie eine besondere Bedeutung. Nach außen klingt das zwar cool, sagen zu können, man ist dreifacher Weltmeister, aber intern wurde es nie ernst genommen. Ich persönlich habe es immer ernst genommen, weil ich mir denke „Hey, es ist eine Weltmeisterschaft und du kannst dort gewinnen“. Wenn man sich anstrengen würde und an einigen Stellschrauben dreht, dann könnte man daraus auch ein olympisches Event machen. Ich kann dir wirklich nicht sagen, was die Gründe dafür sind, dass es nie ernst genommen wurde. Es hat auch keinerlei Auswirkung, weder finanziell, noch auf den Kaderstatus. Das war schon immer sehr merkwürdig und ich kann es bis heute nicht verstehen.

Axel Jungk Skeleton Eisarena Königssee
Axel bewegt sich nur Zentimeter über dem Eis.


Das klingt etwas ernüchternd.


Definitiv. Es ist absolut bescheuert, wenn man überlegt, welche Bedeutung Teamwettbewerbe in anderen Sportarten mittlerweile haben. Klar, eine Einzelmedaille zu gewinnen, ist für jeden Sportler das Schönste. Es bedeutet, dass du es ganz alleine geschafft hast und der Beste der Welt bist. Im Team ist es nochmal etwas anderes, aber betrachtet man zum Beispiel das Skispringen, wo es eine Sensation ist und sich jeder freut, wenn du als Team Weltmeister wirst, dann kann ich nicht so ganz verstehen, warum es bei uns nicht so ist.


Du bist nun 30 Jahre alt. Wir hoffen natürlich, dass deine Achillessehnenprobleme noch eine lange Karriere zulassen. Aber gibt es denn schon Pläne für die Zeit danach?


Nicht zu 100%, aber es gibt ein paar Möglichkeiten. Was ich mir am ehesten vorstellen könnte, wäre ein Trainerjob bei der Bundespolizei für den Bereich Skeleton. Das wäre am Chiemsee und von der Lebensqualität kann ich mir keine schönere Gegend in Deutschland vorstellen. Du hast dort Berge, Seen und sehr viele Möglichkeiten für deine Freizeitgestaltung. Ich würde dort Sportler sichten und versuchen, diese für die Bundespolizei zu gewinnen. Es gibt ja unter den Behörden durchaus einen Kampf um die besten Sportler. Neben der Bundespolizei gibt es noch die Landespolizei, den Zoll und die Bundeswehr. Du musst es den Sportlern schmackhaft machen. Das wäre meine Aufgabe. Zusätzlich würde ich vor Ort für 4 Sommermonate das Training betreuen, in der restlichen Zeit absolvieren die Sportler ihre Wettkämpfe. Nebenbei würde ich gerne Kriminalistik an der Sportschule der Polizei unterrichten. Das wäre momentan mein Traumjob.


Das klingt sehr spannend. Hast du denn Vorkenntnisse in diesen Bereichen?


Ich bin ja Polizeiobermeister, das ist die Grundvoraussetzung. Zusätzlich müsste ich einen Lehrgang besuchen, um Kriminalistik unterrichten zu dürfen. Um Trainer zu werden, müsste ich die entsprechenden Trainerscheine machen, damit werde ich noch in diesem Jahr anfangen.

Vor 8 Jahren sah mein Plan A jedoch vor, zur Fliegerstaffel zu gehen und Hubschrauberpilot zu werden. Das war damals auch der ausschlaggebende Punkt mich für die Bundespolizei zu entscheiden, da diese eine gut ausgebildete Fliegerstaffel mit einem schönen Einsatzgebiet hat. Das Problem ist, dass mein gebrochener Wirbel eigentlich ein Ausschlusskriterium. Ich habe vor kurzem mit meinem Chef darüber gesprochen, er denkt, dass es trotzdem eine Chance geben könnte. Ich muss darüber nachdenken, ob es für mich noch in Frage kommen würde. Alternativ wäre auch ein Einstieg in den normalen Dienst bei der Bundespolizei möglich. Da gäbe es dann viele Möglichkeiten, in welche Richtung es gehen könnte, zum Beispiel GSG 9, PSA (Personenschutz Ausland), Kriminaltechnologie…

Was tatsächlich nicht in Frage kommen würde, wäre normaler Streifendienst.

Axel Jungk Zieleinlauf Skeleton Eiskanal
Axel beim Zieleinlauf.


Es klingt durch, dass du die Herausforderung suchst.


Tatsächlich war ich seit Ausbildungsende etwas faul, da ich mich zu 100 % auf den Sport konzentriert habe. Rückblickend hätte ich mich in den letzten Jahren mehr um die Zeit nach der sportlichen Karriere kümmern müssen. Aber es ist noch nicht zu spät und es gibt noch viele Möglichkeiten, eine Herausforderung nach der Karriere anzugehen.


Und nun auch an dich unsere allseits beliebte Abschlussfrage. Wenn du einen Wunsch frei hättest für die Menschheit oder den gesamten Planeten: Welcher wäre das und warum?



Axel Jungk
Sympathieträger Axel Jungk.

Puuh… (überlegt lange)

Ich könnte natürlich etwas Einfaches sagen, beispielsweise Gesundheit für alle. Ich würde mir tatsächlich ein weitsichtiges, globales und menschliches Miteinander wünschen, dass man nicht nur das Beste für sich selbst, sondern für die Gemeinschaft sieht. Sich persönlich zurücknehmen um anderen etwas zu geben, denen es nicht so gut geht. Uns geht es in Deutschland so unfassbar gut und wir sind so privilegiert. Und wenn man überlegt, dass die Menschheit Marsrover auf weit entfernte Planeten schickt, um dort Experimente zu machen, aber es gleichzeitig nicht hinkriegt, dass niemand hungern muss, dann ist das absolut unnötig und man könnte es sicher lösen. Es ist unglaublich perplex und nicht verständlich wozu die Menschheit in der Lage ist, aber das wir es nicht schaffen, solch ein vermeintlich einfaches Problem zu lösen.




Und nun äußern WIR mal einen Wunsch: Können all die Wünsche unserer Interviewgäste bitte mal in Erfüllung gehen? Kann ja nicht zu viel verlangt sein!


Vielen Dank, lieber Axel, für dieses wunderbar spannende Interview und deine ehrlichen und teils sehr privaten Antworten. Wir drücken auch dir die Daumen, dass deine Träume in Erfüllung gehen. Und nun schließt sich unser kleines Interviewbüchlein für heute. Seid gespannt auf unsere nächsten Gäste und schaut ab und zu mal rein.


Fotos: Dietmar Reker, Petra Reker, Viesturs Lacis, unbekannt

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